Direkt zum Seiteninhalt




Es gibt kaum einen Bereich unseres täglichen Lebens, in dem sich nicht Menschen aus jedem nur denkbaren Zweck zu Vereinen zusammengetan haben.

Reiht man all diese Gruppen und Grüppchen gar alphabetisch auf, so logiert die „Schützengilde“ an bescheidener Stelle. Wertet man sie hingegen nach ihrer Vergangenheit und geschichtlichen Bedeutung, erreicht sie unbestritten Spitzenposition.

Es ist Tatsache, daß das Schützenwesen in allen Städten mit Tradition, wenngleich in abgewandelter Form und Aufgabenstellung, bis in deren Frühzeit zurückreicht. So auch in der einstigen „Freien Reichsstadt Isny“. Frühe Daten sind freilich verschollen. Aber es liegt auf der Hand, dass auch für unsere Stadt Isny ohne die Fähigkeit der Selbstverteidigung keine Sicherheit, nicht zuletzt für Handel und Gewerbe, gab. Übung in Wehr und Waffen waren u. a. Voraussetzungen für die Mitgliedschaft der Stadt im Verbund des Oberschwäbischen Städtebundes. Und so wurde wenige Jahrzehnte nach Beginn der Reichsstadtzeit (1365) für die Aufnahme ins Isnyer Bürgerrecht außer der Zugehörigkeit zu einer der sechs Isnyer Zünfte der Nachweis für den Besitz eines Harnisches oder einer sonstigen Wehr notwendig. Das Stadtrecht bestimmte, „... das nieman den harnasch versetzen noch verkofen sol ...“.

Die erfolgreiche Teilnahme Isnyer Bürger an einem 1447 in Memmingen stattfindenden Armbrustschießen und die urkundliche Erwähnung eines Büchsenmeisters (1463) lassen darauf schließen, daß die Übung im Waffenhandwerk mit Fleiß und Eifer betrieben wurde. Aus diesen gemeinschaftlichen Übungen kam wohl der Wunsch nach engerer Bindung durch einen „bruderschaftlichen“ Zusammenschluß, ähnlich den in der damaligen Zeit vielfach gegründeten geistlichen Bruderschaften.

So haben am 16. Januar 1478 die „... armbrost Schützen zu ysni in namen der hailigen untailberen Drivaltikait voran got dem allmächtigen und siner mueter der küngin magd marien zu lob und in der Ere des hailigen martres sant Sebastians und auch mit gunst und wissen und willen der ersamen und wißen Burgermaisters und Rauts der Statt zue Ysni ... ain bruederschafft angefangen ...“ und mit Einwilligung des Abtes Georg und des Konvents gegründet. Laut den in den zwei Urkunden (die für die Stadt ausgefertigte Urkunde liegt im Nikolauspflegearchiv, die für den Abt und den Konvent ausgefertigte Urkunde im fürstlichen Archiv) übereinstimmenden Statuten war die Aufnahme in die Bruderschaft jedem gestattet, „... si syen gaistlich oder weltlich, mann oder wib“, jedoch war sie an die Zustimmung des Abtes gebunden. Diesem sowie dem Schützenmeister war Gehorsam zu geloben und ein Eintrittsgeld von 5 Schilling Pfennig zu bezahlen. Dazu kam noch ein jährlicher Beitrag von 6 Pfennig für den Kerzenmeister. Dieser Jahresbeitrag konnte durch eine einmalige Zahlung von 10 Schilling Pfennig abgelöst werden. Personen geistlichen Standes wurden unentgeltlich in die Bruderschaft aufgenommen.

An allen Quatembertagen (vierteljährliche Fastentage vor hohen kirchlichen Feiertagen) sollte am Sebastiansaltar in der Klosterkirche ein Seelenamt, gesungen werden „... got zu lob und dero selen zuo hilff so die vergangen quatember in der bruederschafft mit Tod abgegangen sind ...“. An diesen Seelenämtern sollten alle Mitglieder teilnehmen „... nemlich die priesteren meß zuo halten und die layen meß zuo frummen zuo hören und zuo beten so vil und denn ain jedes von got erinnert und ermant wird ...“. Außerdem fand alljährlich am Sebastiansaltar ein allgemeiner Jahrtagsgottesdienst statt „... got zuo lob und mit gedächtnuß für alle und jeglich lebendig und tod brueder und menschen der bruederschafft...“.

Ein Austritt aus der Brüderschaft konnte jederzeit frei erfolgen, doch verblieb, was der Brüderschaft gegeben oder versprochen, in deren Besitz. Bei einer Auflösung der Bruderschaft soll ihr Besitz, unter dem Vorbehalt, ihn zu religiösen Zwecken  zu verwenden, an das Kloster fallen. Ferner wählt die Brüderschaft sich selbst ihre Pfleger und einen Knecht, der diesen gelobt (auf diese verpflichtet wird). Die Pfleger wiederum legen alljährlich dem Beauftragten des Abtes Rechnung ab. Etwaige Meßstiftungen sollen im Kloster gehalten werden. Je nach „Notdurft“ sind Änderungen der Statuten jederzeit möglich, doch nur mit Einwilligung des Rates und allen Rechtsvorbehalten für den Abt. Diese Bruderschaft gab dem Einzelnen Anteil an allen guten Werken der Brüder und die Gewißheit, daß auch nach seinem Tode seiner gedacht würde, eine Überlegung, die dem nüchternen frommen Sinn der damaligen Zeit entsprach. Wuchs das Vermögen der Sebastiansbruderschaft auch nicht sonderlich an, so muß doch einiges vorhanden gewesen sein, denn 1494 verkauften Bürgermeister und Rat zu Isny forlaufende Zinserträge aus mehreren Häusern und Gärten an die Sebastiansbruderschaft.

Dem Bestehen der mittelalterlichen Städte war Wehrfähigkeit ihrer Bürger not. So förderte die Stadt die Schießübungen der Schützen nach Kräften. Der fortschreitenden Entwicklung im Waffenwesen entsprechend wurden bald auch Feuerwaffen eingeführt, und seit 1503 teilten sich die Mitglieder der Sebastiansbruderschaft in Armbrustschützen und Büchsenschützen; die Übungen wurden auf verschiedenen Schießplätzen absolviert. Die städtischen Schießplätze lagen auf dem Rain und vor dem südöstlichen Stadtgraben am Herrenberg. Von letzterem, „der bürgerlichen Stahelschießhütten“, wurden die Überreste 1755 anläßlich der Reparatur der Mauer vor dem Kemptener Tor an der Straße beim Herrenberg „ordentlich aufgefunden“, wie der damalige Bürgermeister Weber referierte, doch ist von einer etwaigen Reparatur der Schießstätte nicht die Rede.

Das 16. Jahrhundert brachte Reformation, die Zeit der religiösen Bruderschaften war vorbei. Das Vermögen der Sebastiansbruderschaft wurde zu Almosen verwendet. Doch die Notwendigkeit der Übung im Schießen, die Freude daran, blieb; es blieb die Gesellschaft der Schützen. Bei dem im Jahre 1576 in Straßburg abgehaltenen „Hauptschießen“ waren auch zwei Isnyer dabei und „... haben die gewinneter sehen austeilen ...“. Trotz der Lösung der Schützengesellschaft aus der Abhängigkeit vom Kloster bestanden, was das Schießen anbelangt, lebhafte Beziehungen zwischen Stadt und Kloster weiter; meist waren sie freundlicher Art, manchmal aber gab es auch ernsthafte Reibereien. 1595 bat der Abt, das Schießen auf dem Rain zur Zeit der Heuernte einzustellen, da das Kloster sehr viel Heu auf den Wiesen habe. Dies wurde „... von nachparschafft wegen, aber gar us kainer gerechtigkait oder schuldigkait bewilligt und das schießen denselben tag eingestellt ...“.

Nicht immer war die Freude am Schießen gleich groß, und öfters führten die „Bixenschützenmeister“ Klage vor dem Rat, „... es wöllen die schützen nit mehr schießen, es werden denn mehr burger darzue angehalten, immassen solches anderer orth gebräuchig“. Der Rat beschloß hierauf, die Schützenmeister sollen ein Verzeichnis der alten und neuen Schützen, „... was taugenlich si möcht“, anfertigen und dem Rate vorlegen. Das gleiche soll auch von den Zünften gefordert werden. Um dem Übungsschießen mehr Anreiz zu geben, veranstaltete im September 1615 der Rat „... mit den großen stueckhen ein schießen zehalten“ und 15 Gulden für Preise auszusetzen. Vor dem Zeughaus versammelten sich alle Schützen mit ihren Musketen. „elf stuckh geschütz“ wurde aus dem Zeughaus geholt und durch die Stadt zum Obertor hinausgeführt. Dort waren drei „Raißhütten oder Zellen“ aufgeschlagen worden. Je vier Mann wurden zu einer Geschützbedienung zusammengestellt, aus jedem Geschütz wurden vier Hauptschüsse und ein Stechschuß abgefeuert und für jedes Geschütz war ein Gewinn ausgesetzt. Das Schießen dauerte zwei Tage. Die Zielscheibe stand in der Nähe des Spitalhofes an einer dafür errichteten Wand und „... seindt 9 schüss in die scheiben und 26 in die wand getroffen worden“. Nicht nur Pulver und Blei, sondern auch Hosen scheinen bei den Schießübungen stark strapaziert worden zu sein, wie man aus der jährlichen Gabe für „Hosen“ schließen kann. So wurden 1621 den „Stahelschützen fir die Hosen diß Jahr 25 Gulden zuegeben bewilligt, und ihnen gesagt worden, wie den Bixenschützen ...“.

Auch scheint das Schießen die Isnyer Schützen schon damals sehr durstig gemacht zu haben, und des öfteren ermahnte der Rat, nicht so viel zu trinken, sondern mehr zu schießen. Wohl der immer wieder notwendigen Ermahnungen müde, auch mögen die Nöte des dreißigjährigen Krieges stark gedrückt haben, berichtet 1629 das Ratsprotokoll kurz und bündig „ist den bixenschützen vergonnt, mögen schießen oder nit, ein Ehrsamer Rat wird weder Vortheil noch bulffer noch bley geben ald die hüttenmauer und alle Notturff machen lassen. NB. Sollen nur Sonn- und Feyertag schießen und draussen zechen.“

Die Feuersbrunst, die zwei Jahre später Isny größtenteils in Schutt und Asche legte, die Kriegslasten, Truppendurchzüge, Kriegskontributionen und Plünderung brachten andere Sorgen mit sich. Im Jahre 1650, „... nach so vielen überstandenen Krüegstroublen und anderem ohngemach, wieder erfreuet mit dem lieben früeden...“, bat der damalige Schützenmeister und „ein Erbar gesellschafft der Schützen allhie“ um eine Zuwendung zur Reparatur der Schießhütte, die ja bekanntlich „übel ruiniert“. Bares Geld war rar, so bewilligte man ihnen ein Faß neuen Weines. Erst fünf Jahre später bekam die Schützengesellschaft wieder eine wöchentliche Zulage von einem Gulden, und zum Aufbau der Schießhütte spendierte die Stadt zehn Gulden.

Die Freude am Schießen muß damals stark zugenommen haben, nicht anders wäre es denkbar, daß einige übermütige Isnyer auch des Nachts noch im Schießen übten. Dafür fanden sie jedoch kein Verständnis seitens des Abtes. Der beschwerte sich vielmehr, daß „... vast alle Nacht, nebst bei der Abteilichen Wohnung unßerß Gottshaus, mehrmalen erst umb sieben und acht Uhrn große indolents von dero Bürgeren mit Laßung starkher Musqueten Schützen und fürrohren, wider allen Gebrauch und Ordnung des Heyl. Röm. Reichs stätten und Ständen, ist verübte worden, zweifelß frey zue sonderem Trutz aller deß Gottshaus Inwohnern“. Auch, so berichtet der Abt weiter, „... ain Gott- und Ehrloser Mensch mörderischer Weiß ein Schütz mit ainer Kugel durch einen Laden in die Abteyliche Behausung un Zimmer hätte laufen lassen, wodurch ohnfehlbar, so jemand selbiger Zeit sich alldorten befunden, wie das vilfältig beschieht, oder die Stiegen auf und abgegangen, ain Mord und Totschlag erfolget were“.  Desweiteren kam noch hinzu „... das vilfältige Steinwerfen in obvermeldete Abtei in die Fenster und Zimmern...“. Solches konnte der Rat nicht dulden und er sorgte für Abhilfe, damit das nachbarliche Verhältnis zum Kloster nicht nachteilig gestört werde.

Um die „Bürger-Wehr“ zu stärken und zu mehren, verordnete der Rat bei Gewährung der Heiratserlaubnis gleichzeitig die Anschaffung einer Muskete, ferner wurde verfügt, „... daß die so über 40 jahren, ihre rohr nicht verkaufen, sondern ihr gewehr behalten sollen“.

1661 brannte die städtische Schießhütte ab. Die Errichtung einer neuen Schießhütte wurde vom Rat wohl gebilligt, doch verzögerte sich das Bauvorhaben. So war es nicht verwunderlich, daß die regelmäßigen Schießübungen sehr zu wünschen übrig ließen. Um diesem Übel abzuhelfen, wurde die Bestimmung erlassen, daß jeder Bürger im Alter zwischen 28 und 40 Jahren an drei Schießtagen in der öffentlichen Schießstätte mit den von den Schützenmeistern ihm in die Hand gegebenen Geschossen zu üben habe. Die bei Nichtbefolgen angedrohte Strafe von 1 Pfund Pfennig verlieh der Verordnung den entsprechenden Nachdruck. Außerdem sollte der bei den Schießübungen gewonnene sogenannte „Vorteil“ erst nach absolviertem dritten Schießtage ausbezahlt werden.

Als am 21. September 1722 die neuerbaute Pfarrkirche zu Langenargen durch den Bischof von Konstanz eingeweiht wurde, veranstalteten die Gräflich Montfortischen Räte „... zu mehrerer Solennisierung folgenden festes und sonderbaren Ehren Höchst ersagter Seiner Hochfürstlichen Gnaden einen Haubtfreischieset zu geben...“. Auch die Isnyer Schützengesellschaft wurde eingeladen. Das „... beßt gwünndt, oder s. v. die saw, solle dem gewünnenden in vivente Staturam dargereicht werden...“. Ferner gab es „... zweyerley glükhsscheiben , worinnen in einer jeden das beste ein schaafbokh sambt zwei Species-Dukaten...“ und „... seindt alle büchsrohr, sye mögen rad, flinten- oder schwammen schloß haben, erlaubt, die schwer standtrohr sollen nicht postiert werden...“, so lauteten einige der Anordnungen für das Langenargener Hauptfreischießen. Ob die Isnyer Teilnehmer einige der lockenden Gewinne nach Hause brachten, wird leider nicht berichtet.

Manche Ehrenscheibe wurde bei verschiedensten Anlässen vom Rat oder den Schützenfreunden im Laufe der Jahre der Isnyer Schützengesellschaft gestiftet, so u. a. 1748 zur Jahrhundertfeier des Westfälischen Friedens, 1755 zur Erinnerung an den Augsburger Religionsfrieden. Auch mancher Schützenfreund aus einer der Nachbarstädte stiftete den Isnyern eine Ehrenscheibe.

Als das Kloster Isny im Jahre 1781 die Reichsunmittelbarkeit erlangte, veranstaltete der Abt zur Feier dieses freudigen Ereignisses ein großes Freischießen, zu dem der Adel benachbarte Klöster und Städte einlud. Das Schießen dauerte vom 7. bis 10. Juli 1783. Das „Beste“ war ein mit rotem Scharlach bedeckter und mit zwei Konventionsthalern behängter Ochse, dazu eine schöne Fahne, „welch alles zusammen in der wahren Wertung wenigstens 80 Gulden beträgt“.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts trat die Schützengesellschaft nochmals als „Bürger-Wehr“ zum Schutze der Stadt in Funktion. Als nämlich im Jahre 1796 ein Korps französischer Emigranten unter dem Prinzen Condé vor dem nachrückenden französischen Revolutionsheer sich durch Oberschwaben und dabei auch durch Isny in Richtung Kempten zurückzog, postierten sich, um die Franzosen nachdrücklich von einem zweiten Besuch in Isny abzuhalten, die Schützen mit scharf geladenen Gewehren auf dem Wehrgang der Stadtmauer.

Der Lauf der Zeit ließ sich nicht aufhalten. 1803 verlor Isny seine Reichsstadtfreiheit und kam samt dem Kloster in den Besitz des Grafen von Quadt und Wykradt, und nach drei weiteren Jahren wurde sie dem Königreich Württemberg einverleibt. Die Schützengesellschaft hieß nun für längere Zeit „Schützenkompagnie“. Namens der neuen Regierung erließ die Königliche Landvogtei am Bodensee im Oktober 1815 eine Verordnung, „wie man sich beim Scheibenschießen zu verhalten habe“. So wurde u. a. befohlen „daß den zu Führung eines Schießgewehrs berechtigten Unterthanen die Anstellung eines Scheibenschießens nur dann gestattet ist, wenn sie dasselbe an einem von der Local-Polizeibehörde für tauglich anerkannten Ort unter Aufsicht veranstalten, und daß auch solchen Personen, welche zum Gewehr-Besitz nicht berechtigt sind, von einem anwesenden, welchem diese Befugnis zusteht, zu einzelnen Schüssen ein Gewehr geliehen werden kann“.

Das Jahr 1839 brachte der Schützengesellschaft eine neue Fahne nebst einer neuen Schützenordnung. Laut dieser Ordnung soll der Vorstand hinfort aus einem auf Lebenszeit gewählten Präsidenten, zwei Schützenmeistern und zwei Zugeordneten bestehen. Letztere sowie der Schützenwirt sollen alle zwei Jahre gewählt werden. Einer der Schützenmeister ist für die Rechnungsauslegung verantwortlich. Desweiteren folgt noch eine Reihe von Bestimmungen über Zeit, Preise und Art des Schießens.

1843 wurde vom Königlichen Oberamt die Sicherheit der Isnyer Schießstätte bemängelt. Diese Kritik ließ der Stadtrat nicht auf sich sitzen, sondern konterte den Vorwurf mit der Erklärung, „dieser Schießstadel besteht schon seit unfordenklichen Zeiten auf einer Stelle, welche von der Stadt abgelegen ist, nämlich auf dem sogenannten Rain. Das Schießhaus und die Schießstände sind unterhalb des Rains gegen das große Wiesthal gelegen und die Scheibenstände sind auf den Wiesen selbst angebracht. Zwischen dem Schießhaus und einem der Scheibenstände führt zwar ein Weg durch, der aber kein Communikationsweeg, sondern nur ein Güterweeg in die Wiesen bildet. Dieser wird weder zur Früjahrs noch Sommerzeit benuzt, da die Wiesen nicht gedüngt, sondern gewässert werden. Ebensowenig ist die Viehherde welche auf die Weide getrieben wird gefährdet, da der Wiesplatz so groß ist, daß sich die Hirten mit dem Vieh auf der einen oder anderen Seite der Schießstände auf mehr als eine Viertelstunde von diesen entfernt halten können, wenn ein Scheibenschießen stattfindet. Mit Wahrheit kann man sagen: daß selten eine Schießstätte so sicher gelegen ist als die hiesige, und daß durch dieselbe an eine Gefährdung von Mensch oder Vieh gar nicht zu denken ist...“. Von weiteren Beanstandungen wegen mangelnder Sicherheit liest man nichts mehr.

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte immer wieder notwendige Reparaturarbeiten an Schützenhaus und Schießständen. Auch die gewissenhafte Einhaltung der Satzungen ließ in manchen Punkten zu wünschen übrig, Änderungen duldete man stillschweigend. So mag die Inschrift einer um 1866 von Herrn August Springer gestifteten Scheibe „Seid einig, einig, einig“ ein Hinweis auf gewisse interne Schwierigkeiten sein.

1879 wurden neue Statuten aufgestellt, nach denen die Schießübungen fortan im Sommer auf dem Rain, im Winter als Zimmerstutzenschießen in einem Lokal stattfinden sollten. Auch das gesellige Vergnügen sollte dabei nicht fehlen. Weiter gab es neue Bestimmungen für den Eintritt in die Schützengesellschaft. Der Neueintretende sollte nicht unter 18 Jahren und bereits einmal eingeführt worden sein, ehe über seine endgültige Aufnahme durch Ballotage (Abstimmung mittels weiser und schwarzer Kugeln) entschieden wurde. Vorstandswahl, Schießordnung, Art und Zahl der Schießveranstaltungen u. a. m. wurden geregelt.

Die Statuten der „Gilde“ (wie sie nun des öfteren hieß) wurden revidiert, und die Schützengesellschaft ließ sich in das Vereinsregister des Amtsgerichtes Wangen eintragen.

1903 folgte in Erinnerung an die Einführung der Feuerwaffen im Jahre 1503 das 400jährige Jubiläum der Schützengilde unter dem Protektorat Sr. Durchlaucht des Fürsten von Quadt zu Wykrat. Bei dieser Gelegenheit wurde ein neuer Schießstand errichtet. Das Jubiläumsschießen dauerte vom 9. bis 16. August, die Zahl der Teilnehmer war beträchtlich und ebenso beträchtlich waren auch die Ehrengaben, gestiftet von Freunden, Nachbarn und dem Adel. Auch das Königspaar von Württemberg schickte Gaben und sogar Kaiser Wilhelm verehrte der Schützengilde Isny einen Pokal. Fürst Bertram stiftete zur Erinnerung an dieses Jubiläum eine silberne Münze, die alljährlich dem „besten Schützen“ verehrt wurde.

Viele Hochzeits- und Freischießen folgten in den kommenden Jahren. 1906 feierte man die 100jährige Zugehörigkeit zu Württemberg zusammen mit dem vor 600 Jahren erfolgten Übergang der Stadt in den Besitz des Truchsessen von Waldburg (1306) mit einem großen Freischießen. Ebenso wurde auch die Eingemeindung von Isny-Vorstadt in die Stadt Isny durch ein Zimmerschießen in der Schloßwirtschaft gebührlich gefeiert.

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges brachte einschneidende Veränderungen. Die meisten Schützen wurden eingezogen oder meldeten sich freiwillig ins Feld. Isny wurde Standort des Ersatzbataillons des Württbg.-Gebirgsregiments und der 5. Ersatz-Maschinengewehrkompagnie. In der Schießhalle richtete man ein Seuchenlazarett ein und die Schießstände wurden zum Pistolenschießen benutzt.

Es kostete die Schützengilde sehr viel Mühe, die ganze Anlage nach dem Krieg wieder instandzusetzen, damit das 39. Hauptschießen des Oberschwäbischen Schützenbundes im September 1922 in Isny abgehalten werden konnte.

Für das Jahr 1929 wurde die Isnyer Schützengilde mit der Durchführung des 33. Landesschießens betraut, über das Fürst Alexander von Quadt zu Wykrat das Protektorat übernahm. Gleichzeitig feierte sie ihr „425-jähriges Schützenjubiläum“. Als 1. Preis stiftete der Württembergische Staatspräsident Dr. Bolz ein Gemälde. Dieses Schützenfest war ein Volksfest im wahrsten Sinn des Wortes. Nicht nur Schützen und Einwohner von Isny, sondern die ganze Bevölkerung der engeren und weiteren Umgebung nahm daran teil. Zwei Jahre später fand in Isny das Oberschwäbische Bundesschießen statt.

Vom Jahre 1932 an führte die Schützengilde Isny zwar noch mehrere größere Preisschießen jedoch kein Landes- oder Bundesschießen mehr durch. Während des Krieges mußten die Schießstände den damaligen nationalen Formationen zur Verfügung gestellt werden. Trotz erschwerter Verhältnisse – viele Schützen standen im Heeresdienst – bauten die Isnyer Schützen aus eigener Kraft einen 50-Meter-Stand mit 10 automatischen Scheiben. Dies erforderte finanzielle Opfer und ein großes Maß an Arbeitsleistung. Nach dem Einmarsch der französischen Truppen (1945) wurde das Schützenhaus beschlagnahmt. Alle Schützenvereine und –Gilden wurden aufgelöst. Es dauerte fast 6 Jahre, bis das Vermögen der Schützengilde durch das Staatsministerium des Innern für Württemberg und Hohenzollern in Tübingen wieder freigegeben wurde.

Noch bevor dies geschah, brannte das Schützenhaus am Rain in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar 1951 vollständig nieder. Erst im Jahre 1950 konnte die Wiedergründung des Vereins in Erwägung gezogen werden, und am 16. Oktober 1950 versammelten sich die noch vorhandenen früheren Mitglieder der Schützengilde Isny im Gasthaus „Drei König“ zur Neugründung der Isnyer Schützengilde und zum Beschluß neuer Satzungen.

Im Februar 1951 kam dann vom Amtsgericht Wangen die Mitteilung, daß die Neueintragung des am 16. Oktober 1950 gegründeten Schützenvereins, im Anschluß an die Löschung, am 20. Februar 1951 erfolgt ist. Bei der Eintragung beim Registergericht erhielt der Verein den Namen „Schützengilde Isny im Allgäu“. Der Schießbetrieb wurde sofort wieder aufgenommen, allerdings nur mit Luftgewehren, da andere Schußwaffen noch nicht zugelassen waren. Vom 30. April bis 3. Mai des gleichen Jahres hielt die Schützengilde unter dem Protektorat Ihrer Durchlaucht Marianne Fürstin von Quadt zu Wykrat ein großes offenes Preisschießen mit Luftgewehren im Dreikönigssaal ab.

Der Neubau des Schützenhauses ward zur nächsten großen Aufgabe, die auch sofort in Angriff genommen wurde. Voraussetzung für den Bau eines neuen Schützenhauses war die Lösung der Grundstücksfrage. Sie konnte dank dem großzügigen Entgegenkommen Sr. Durchlaucht Paul Fürst von Quadt zu Wykrat zur Zufriedenheit aller geregelt werden.

Am 31. Oktober 1953 erfolgte die Schlüsselübergabe und die Eröffnungsfeier des neuen Schützenhauses am Rain. Doch schon in den folgenden Jahren erwies sich das Schützenhaus als zu klein, und 1973, zwanzig Jahre nach der Fertigstellung des Schützenhauses, war man eifrig mit dem Rohbau des Erweiterungsbaues beschäftigt. Im November 1973 konnte im „Adler“ in Großholzleute Richtfest gefeiert werden. Mit diesem Erweiterungsbau des Schützenhauses wollte man den Grund legen für ein noch intensiveres Vereinsleben und bereits zum Osterschießen 1974 stand das neue Schützenhaus am Rain voll zur Verfügung.

Einen langen Weg hat die Isnyer Schützengesellschaft zurückgelegt von der Gründung der „Sebastiansbruderschaft“, der „Bruderschaft der Armbrustschützen“ bis zur „Schützengilde Isny im Allgäu“. Möge ihr Bestand und Gedeihen verbleiben und so rufen wir ihr erneut zu:

Ein fröhlich Glückauf, Frieden und Heil in Eintracht und Freundschaft der uralten Isnyer Schützengesellschaft!


Zurück zum Seiteninhalt